Ukn Lee
Auf der Suche nach dem Selbst
Seit vielen Jahren beschäftigt sich der Künstler Ukn Lee mit der Frage nach der “Beschaffenheit” der menschlichen Figur im Raum - im öffentlichen wie im privaten, im offenen wie in geschlossenen. Diese Beschaffenheit meint selbstredend nicht allein die der Materialen Bestimmung, vielmehr schließt sie ein die Bewegung und Pose, die Gestik und Mimik, die Körperlichkeit und Psyche, den Blick und das Rollenspiel. Neben den Spielarten und Bedingtheiten des Einzelnen in einer gegenwärtigen Räumlichkeit tritt zudem das Anloten der historischen Figuration des Individuums, also der Spurensuche nach der Verankerung des Selbstmn in die Zweidimensionalität der Leinwand.
Nur, so nüchtern - sachlich beschrieben, erschließt sich nicht die Einzigartigkeit der künstlerischen Durchdringung dieser ewigen Frage nach dem Selbst. Ukn Lee, 1963 geboren in gespaltenen Korea und ein Kind in Sog der erzwungenen Mordernisierung, nach dem frühen Ableben der leiblichen Mutter ohne Schonfrist zurückgeworfen auf die existenziellen Fragen des Lebens, ist nicht nur ein Künstler des uneingeschränkten Könnens, sondern auch und vor allem einer des Müssens. Als habe nicht er sich für die Malerei, die Malerie vielmehr sich für ihn entschieden, sind Pinsel, Leinwand und Farbe die ständigen Begleiter eines Werdeganges, der zunächst die üblichen akademischenStationen hinter sich bringt - Malschule, Universität in Seoul, Universität in Braunschweig, Meisterschühler von Prof. Norbert Tadeusz - um dann der Maler Ukn Lee vollends zum Botschafter der Kunst zu machen.
Maskenspiel im Schatten (Öl auf Leiwand, 2009-2015) nennt der Maler ein Versteckspiel mit dem Selbst. Drei junge Frauen in lässiger haltung sitzend auf einme hölzernem Geländer umgeben von üppiger Waldlandschaft. Iwe aus dem japenischen No-Theater entlehnte, fein konturierte Geschichtsmasken verdecken ihre Gesichter, als wollten sie sich vor allzu aufdringlichen Blicken schützen. Im Zusammenspiel mit der von Ukn Lee entfachpracht wirkt die Szene beinahe karnevalesk - eine Love-Prade in den späten Stunden der Auflösung. Das Ich, das ja vor allem über das Gesicht identifziert wird, verschwindet hinter den mit den Händen gehalten Masken, bietet der von Außen angetragenen Überforderung nach immerwährender Präsenz Einhalt. Die so spielerisch wirkende Szene, die die Blicke des Betrachters wie von Geisthand geführt zunächst auf die Masken fokussiert, verliert auf den zweiten Blick an Beschaulichkeit. Zahllose Köpfe, wie von Rachegeistern, die begangene Missetaten unnachsichtig in Erinnerung rufen, lugen allseits aus dem Dickicht hervor, und wirken dem freudvillem Beieinander bedrohlichent gegen.
Beiläufig - en passant - treten Ukn Lees Figuren in Erscheinung. Wenn sie am Meer I (Öl auf Seide, 2002-2005) stehen, schauen sie erwartungsvoll ins Blaue, in diese die Ferne versprechende Farbe, als verfolge man ein abenteuerlichs Schauspiel auf hoher See, oder erwarte die versprochene Ankunft eines messias - aber dergleichen stellt sich nicht ein.Die ersten wenden sich schon gelangweilt ab und suchen die Blicke der Bildbetrachter, andere schauen schon einmal, wie es am Strand weiter
unten aussieht. So bleibt es letztlich bei einer spontanten Zusammenkunft derer, die zufällig in der Nähe weilten.
War die Natur soeben noch Sanft in den Bildhintergrund gedrängt, so legt sie sich im Frühling (Öl auf Leinwand, 2012-2015) vor das ganz im monochromen Blau gehaltene Fotosetting einer zur proletarischen Revoltion bereiten Avantgarde der Patei. Dem von Licht und Zeit ausgebleichten Gruppenporträt im Gestus einer zum Umsturz bereiten frührevolutuionären Zelle ist irgendwie das echte Leben abhanden gekommen; dieses hauchen ihr allein die schwungvoll drapierten, im kämpferischen Rot gehaltenen Kirschblüten eines prächtigen Zweiges ein. Als habe Opas jüngste Enkelin eine zum Pressen vorgesehene Blüte zwischen zwei Seiten ins nostalgisch beseelte Fotoalbum der Familie gelegt, legt sich der unhaufhaltbare Lauf der Natur über das zur Schau getragene Selbstbewußtsein der Anführer.
Im Romantischem Garten I ( Öl auf Leinwand, 2015) schließlich sind die Kämpfer von einst zum Konsumenten von heute gewandelt - dafür stehen sie nun auch nicht mehr im Bildmittelpunkt. Wie zur Strafe in die linke obere Bildecke gedrängt, ziehen sie, ohne Blicke füreinander zu haben, ihrer Wege. “Soll’ das gewesen sein?”, scheint eine Menschenfigur uns fragend ins Gesicht zu schauen. Das hat jetzt alles weniger Belang und folgerichtig haftet der Blick an dem alles dominierenden Blütenzweig. Dem romantischen Garten reicht schon ein einzelner Zweig, als spiegele er die auf das zwergenhafte geschrumpften Erwartungen der “Paare, Pasanten”.
Dagegen wirkt Der Abendleser (Öl auf Seide, 2014) wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Sitzend, in leicht nach vorn gebeugter haltung wird hier was - eine papierne Zeitung? - gelesen, ja, aufmerksam studiert, und nicht zufällig erinnert die Darstellung an den Gelehrten vergangener Jahrhunderte. Ukn Lee arbeitet hier mit der von ihm so geschätzten traditionellen naturseide, die den Eindruck des Antiquierten, nahezu Anachronischen weiter verstärkt. Unmerklich verwischen die Unterschiede zwischen dem Lesenden und dem Bildträger - dieser geht auf in der floralen Ornamenten der Vormoderne, gerät zum folkloristischen Motiv eines im Museumsshop erworbenen Kaffeebechers.
Die figurative Malerei Ukn Lees ist nicht ohne Vorgeschichte, reigr sich vielmehr ein in eine Abfolge bedeutender Kunst, die sich deiser Motivik gewidmet hat. Im Gegensatz zu der südeafrkanischen Künstlerin Marlene Dumas etwa, die ihre Figuren, ihre gemalten Menschen, wie von innen heraus auszuleuchten vermag und sie in ihrer ganzen transparenten Zerbrechlichkeit unmittelbar macht, oder zu dem verstorbenen US-Amerikaner R. B. Kitaj, der stärker dem Phänomenologischen und Charakter-tzpischen seiner Figuren auf der Spur war, gilt Ukn Lees Aufmerksamkeit mehr den Verstrikungen des Menschen mit den auf ihn einwirkenden Kräften. In seinen Bildern sind wir Zeuge eine visualisierten Darstellung des Rollenspiels als Überlebensstrategie in einer verblüffenden Welt.
Anläßlich der ersten Solo-Ausstellung mit Werken von Ukn Lee in der Galerie WangHohmann im Frühjahr 2013 hatten wir folgendes formuliert:
Ukn Lee hat in Seoul, Kiel und Braunschweig Malerei studiert. Er ist Meisterschühler Malers Norbert Tadeusz und lebt jetzt - nachdem er für einige jahre zurück nach Südkorea gegangen war - in Berlin. Ukn Lee beherrscht die Breit der künstlichen Techniken auf stupebde Weise - er arbeitet überwiegend mit Ölfarben, die auf Leinwand, Holz und Seide aufgetragen werden. Insbesondere die Arbeiten auf traditioneller, mit Ornamenten versehender Seide fügen den Bildträger auch kompositionell in die Motive ein. Selbiges gilt für Kompositions-änderungen, sogenannte Pentimenti, die als nur teilweise getilgte Korekturen eine zweite Ebene hinter die Oberfläche zu legen scheinen. All seine bilder spiegeln zugleich eine ungebrochene Energie zum Kunst-Erschaffen und eine nur sehr wenigen gegebene gabe zur Kunst-vervollkommnung.
Das kann unverändert stehenbleiben.
Seit vielen Jahren beschäftigt sich der Künstler Ukn Lee mit der Frage nach der “Beschaffenheit” der menschlichen Figur im Raum - im öffentlichen wie im privaten, im offenen wie in geschlossenen. Diese Beschaffenheit meint selbstredend nicht allein die der Materialen Bestimmung, vielmehr schließt sie ein die Bewegung und Pose, die Gestik und Mimik, die Körperlichkeit und Psyche, den Blick und das Rollenspiel. Neben den Spielarten und Bedingtheiten des Einzelnen in einer gegenwärtigen Räumlichkeit tritt zudem das Anloten der historischen Figuration des Individuums, also der Spurensuche nach der Verankerung des Selbstmn in die Zweidimensionalität der Leinwand.
Nur, so nüchtern - sachlich beschrieben, erschließt sich nicht die Einzigartigkeit der künstlerischen Durchdringung dieser ewigen Frage nach dem Selbst. Ukn Lee, 1963 geboren in gespaltenen Korea und ein Kind in Sog der erzwungenen Mordernisierung, nach dem frühen Ableben der leiblichen Mutter ohne Schonfrist zurückgeworfen auf die existenziellen Fragen des Lebens, ist nicht nur ein Künstler des uneingeschränkten Könnens, sondern auch und vor allem einer des Müssens. Als habe nicht er sich für die Malerei, die Malerie vielmehr sich für ihn entschieden, sind Pinsel, Leinwand und Farbe die ständigen Begleiter eines Werdeganges, der zunächst die üblichen akademischenStationen hinter sich bringt - Malschule, Universität in Seoul, Universität in Braunschweig, Meisterschühler von Prof. Norbert Tadeusz - um dann der Maler Ukn Lee vollends zum Botschafter der Kunst zu machen.
Maskenspiel im Schatten (Öl auf Leiwand, 2009-2015) nennt der Maler ein Versteckspiel mit dem Selbst. Drei junge Frauen in lässiger haltung sitzend auf einme hölzernem Geländer umgeben von üppiger Waldlandschaft. Iwe aus dem japenischen No-Theater entlehnte, fein konturierte Geschichtsmasken verdecken ihre Gesichter, als wollten sie sich vor allzu aufdringlichen Blicken schützen. Im Zusammenspiel mit der von Ukn Lee entfachpracht wirkt die Szene beinahe karnevalesk - eine Love-Prade in den späten Stunden der Auflösung. Das Ich, das ja vor allem über das Gesicht identifziert wird, verschwindet hinter den mit den Händen gehalten Masken, bietet der von Außen angetragenen Überforderung nach immerwährender Präsenz Einhalt. Die so spielerisch wirkende Szene, die die Blicke des Betrachters wie von Geisthand geführt zunächst auf die Masken fokussiert, verliert auf den zweiten Blick an Beschaulichkeit. Zahllose Köpfe, wie von Rachegeistern, die begangene Missetaten unnachsichtig in Erinnerung rufen, lugen allseits aus dem Dickicht hervor, und wirken dem freudvillem Beieinander bedrohlichent gegen.
Beiläufig - en passant - treten Ukn Lees Figuren in Erscheinung. Wenn sie am Meer I (Öl auf Seide, 2002-2005) stehen, schauen sie erwartungsvoll ins Blaue, in diese die Ferne versprechende Farbe, als verfolge man ein abenteuerlichs Schauspiel auf hoher See, oder erwarte die versprochene Ankunft eines messias - aber dergleichen stellt sich nicht ein.Die ersten wenden sich schon gelangweilt ab und suchen die Blicke der Bildbetrachter, andere schauen schon einmal, wie es am Strand weiter
unten aussieht. So bleibt es letztlich bei einer spontanten Zusammenkunft derer, die zufällig in der Nähe weilten.
War die Natur soeben noch Sanft in den Bildhintergrund gedrängt, so legt sie sich im Frühling (Öl auf Leinwand, 2012-2015) vor das ganz im monochromen Blau gehaltene Fotosetting einer zur proletarischen Revoltion bereiten Avantgarde der Patei. Dem von Licht und Zeit ausgebleichten Gruppenporträt im Gestus einer zum Umsturz bereiten frührevolutuionären Zelle ist irgendwie das echte Leben abhanden gekommen; dieses hauchen ihr allein die schwungvoll drapierten, im kämpferischen Rot gehaltenen Kirschblüten eines prächtigen Zweiges ein. Als habe Opas jüngste Enkelin eine zum Pressen vorgesehene Blüte zwischen zwei Seiten ins nostalgisch beseelte Fotoalbum der Familie gelegt, legt sich der unhaufhaltbare Lauf der Natur über das zur Schau getragene Selbstbewußtsein der Anführer.
Im Romantischem Garten I ( Öl auf Leinwand, 2015) schließlich sind die Kämpfer von einst zum Konsumenten von heute gewandelt - dafür stehen sie nun auch nicht mehr im Bildmittelpunkt. Wie zur Strafe in die linke obere Bildecke gedrängt, ziehen sie, ohne Blicke füreinander zu haben, ihrer Wege. “Soll’ das gewesen sein?”, scheint eine Menschenfigur uns fragend ins Gesicht zu schauen. Das hat jetzt alles weniger Belang und folgerichtig haftet der Blick an dem alles dominierenden Blütenzweig. Dem romantischen Garten reicht schon ein einzelner Zweig, als spiegele er die auf das zwergenhafte geschrumpften Erwartungen der “Paare, Pasanten”.
Dagegen wirkt Der Abendleser (Öl auf Seide, 2014) wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Sitzend, in leicht nach vorn gebeugter haltung wird hier was - eine papierne Zeitung? - gelesen, ja, aufmerksam studiert, und nicht zufällig erinnert die Darstellung an den Gelehrten vergangener Jahrhunderte. Ukn Lee arbeitet hier mit der von ihm so geschätzten traditionellen naturseide, die den Eindruck des Antiquierten, nahezu Anachronischen weiter verstärkt. Unmerklich verwischen die Unterschiede zwischen dem Lesenden und dem Bildträger - dieser geht auf in der floralen Ornamenten der Vormoderne, gerät zum folkloristischen Motiv eines im Museumsshop erworbenen Kaffeebechers.
Die figurative Malerei Ukn Lees ist nicht ohne Vorgeschichte, reigr sich vielmehr ein in eine Abfolge bedeutender Kunst, die sich deiser Motivik gewidmet hat. Im Gegensatz zu der südeafrkanischen Künstlerin Marlene Dumas etwa, die ihre Figuren, ihre gemalten Menschen, wie von innen heraus auszuleuchten vermag und sie in ihrer ganzen transparenten Zerbrechlichkeit unmittelbar macht, oder zu dem verstorbenen US-Amerikaner R. B. Kitaj, der stärker dem Phänomenologischen und Charakter-tzpischen seiner Figuren auf der Spur war, gilt Ukn Lees Aufmerksamkeit mehr den Verstrikungen des Menschen mit den auf ihn einwirkenden Kräften. In seinen Bildern sind wir Zeuge eine visualisierten Darstellung des Rollenspiels als Überlebensstrategie in einer verblüffenden Welt.
Anläßlich der ersten Solo-Ausstellung mit Werken von Ukn Lee in der Galerie WangHohmann im Frühjahr 2013 hatten wir folgendes formuliert:
Ukn Lee hat in Seoul, Kiel und Braunschweig Malerei studiert. Er ist Meisterschühler Malers Norbert Tadeusz und lebt jetzt - nachdem er für einige jahre zurück nach Südkorea gegangen war - in Berlin. Ukn Lee beherrscht die Breit der künstlichen Techniken auf stupebde Weise - er arbeitet überwiegend mit Ölfarben, die auf Leinwand, Holz und Seide aufgetragen werden. Insbesondere die Arbeiten auf traditioneller, mit Ornamenten versehender Seide fügen den Bildträger auch kompositionell in die Motive ein. Selbiges gilt für Kompositions-änderungen, sogenannte Pentimenti, die als nur teilweise getilgte Korekturen eine zweite Ebene hinter die Oberfläche zu legen scheinen. All seine bilder spiegeln zugleich eine ungebrochene Energie zum Kunst-Erschaffen und eine nur sehr wenigen gegebene gabe zur Kunst-vervollkommnung.
Das kann unverändert stehenbleiben.
Lichtfolgende | 41 x 128 cm | Öl auf Seide | 2004